Suchfunktion

Jugendarrestanstalt Rastatt



A. Ziele und Aufgaben

In der Jugendarrestanstalt Rastatt wird Jugendarrest in drei Formen vollstreckt: Dauerarrest, Freizeitarrest und Kurzarrest.

Dauerarrest ist ein Arrest von mindestens einer Woche bis zu höchstens vier Wochen.
Freizeitarrest ist ein Arrest von einem oder zwei Wochenenden.
Kurzarrest ist ein Arrest von vier Tagen, die statt des Freizeitarrestes verhängt wird, wenn der zusammenhängende Vollzug von Freizeitarrest aus Gründen der Erziehung zweckmäßig erscheint und weder die Ausbildung noch die Arbeit des Jugendlichen beeinträchtigt werden.
Der Jugendarrest hat das Ziel, die Jugendlichen zu eigenverantwortlichen Menschen zu erziehen, die ein Leben ohne Straftaten führen. Er soll außerdem zur Selbstbesinnung führen und dem Jugendlichen verdeutlichen, dass Gesetzesverletzungen von Staat und Gesellschaft nicht hingenommen werden und er für begangenes Unrecht auch einzustehen hat.

Jugendarrest ist nicht mit Jugendstrafe zu verwechseln. Der Jugendarrest soll zu vordererst erziehen, wohl aber auch eindrücklich warnen: Mit der Einführung des Jugendarrestgesetzes (JArrG) wurden die Jugendarrestanstalten in Einrichtungen für soziales Training umgewandelt. Die Leitidee besteht darin, den Alltag in der Jugendarrestanstalt nicht etwa an den einer Haftanstalt, sondern weitestgehend an den einer stationären Einrichtung der Jugendhilfe mit einer sozialtherapeutischen Zielsetzung zu orientieren. 

Aus diesem Grund bietet die Jugendarrestanstalt gemeinsam mit seinen Kooperationspartnern ein vielfältiges soziales Trainingsprogramm an, dass sich konsequent an der gezielten pädagogischen Förderung junger Menschen orientiert und die die Gründe ihrer Straffälligkeit aufarbeitet. 

Rechtsgrundlage ist das Jugendarrestgesetz für das Land Baden-Württemberg in der Fassung vom 25. November 2014




B. Behandlung und Betreuung

Die Jugendarrestanstalt Rastatt ist eine Außenstelle der Justizvollzugsanstalt Karlsruhe. Sie ist in deren Verwaltungsorganisation eingegliedert und untersteht der Aufsicht ihres Leiters. Im Übrigen steht der Jugendarrestanstalt ein Jugendrichter am Amtsgericht Rastatt als Vollzugsleiter vor, der insbesondere für alle die Arrestanten betreffenden Entscheidungen sowie für die Ausgestaltung des Arrestvollzugs an sich zuständig ist. 

Der Vollzugsleiter wird bei der Erfüllung seines gesetzlichen Auftrags durch die Vollzugsbeamten der Jugendarrestanstalt Rastatt unterstützt. Diese Beamten sind nicht nur für die Sicherheit und Ordnung innerhalb der Anstalt zuständig. Sie sind als pädagogisch geschulte und erfahrene Kräfte maßgeblich für die Umsetzung der erzieherischen Maßnahmen verantwortlich. In diesem Zusammenhang übernehmen sie einen nicht unerheblichen Teil der pädagogischen Freizeitgestaltung. Auch sind sie Ansprechpartner für die Jugendlichen und unterstützen sie in der Verarbeitung und im Umgang mit der für sie ungewohnten Situation in einer Haftanstalt.

Für die Umsetzung der erzieherischen Maßnahmen sind neben Beamten des allgemeinen Justizvollzuges ein Psychologe, ein Sozialarbeiter, ein Lehrer und mehrere nebenamtliche Kräfte wie Sport- und Arbeitstherapeuten tätig. Auch die Drogenberatung wird in geeigneten Fällen hinzugezogen.

In den unterschiedlichen Beschäftigungsangeboten von Werken über Sport bis zu Unterricht sollen die Jugendlichen die Bestätigung und den Erfolg finden, den sie bei ihren bisherigen Erfahrungen missen mussten. Es wird versucht, persönliche Schwierigkeiten in der Schule und am Arbeitsplatz, mit der Familie, mit dem Freund oder der Freundin und ggf. mit Betäubungsmitteln in intensiven Einzel- und Gruppengesprächen zu einer gemeinsamen Lösung zu führen.

Das gegenwärtige Ausbildungs- und Trainingsprogramm für die Arrestanten umfasst die folgenden Angebote:  

Schule und Beruf:

  • Schulunterricht mit Schwerpunkt Hauptschule und BVJ sowie individuelle Förderung
  • Intensivunterricht 2 x pro Woche zwei Stunden für schulschwache Arrestanten
  • Berufsberatung u. Ausbildungsplatzsuche
  • EDV-Kurse (VHS Rastatt) 10 x jährlich
  • Berufsfortbildungswerk (BFW), Einzelberatung mit Begleitung nach dem Jugendarrest bei Bedarf
  • Tägliche Arbeitserziehung durch einen Arbeitspädagogen
  • Bewerbertraining durch einen ehrenamtlichen Mitarbeiter
  • Kurse zur Erlangung der Fahrerlaubnis für Flurförderzeuge (Gabelstapler)

Soziale Kompetenz:

  • Courage statt Gewalt - Ein Projekttag im Monat (Netzwerk Courage)
  • Soziale Trainingskurse am Wochenende, Verein für Jugendhilfe Karlsruhe, (8 x jährlich)
  • Soziale Trainingskurse - Schwerpunktthema Gewalt (10 x jährlich)
  • Soziale Trainingskurse zum Schwerpunktthema soziale Kompetenz
  • Kurse zum Thema Opferempathie (Quitt e. V. Verein für außergerichtlichen Täter-Opferausgleich Rastatt und Bezirksverein für soziale Rechtspflege Baden-Baden

 
Unterricht zum Thema Jugendrecht unter Anleitung einer Rechtsanwältin 

  • Video-Kommunikationstraining
  • Jugendarrest-was nun? Gruppengespräche für Neuzugänge unter Anleitung einer Dipl. Psychologin und eines Seelsorgers 

Sucht und Gesundheit:

  • Informationsveranstaltungen zu den gesundheitlichen Auswirkungen des Nikotinkonsums
  • Einzelgespräche und Gruppengespräche mit einem Suchttherapeuten
  • Erste Hilfe Kurse, am Wochenende (Deutsches Rotes Kreuz)
  • Kurse zu Aids und Sexualität, Aidshilfe Karlsruhe
  • Kurse zum Thema sexuell übertragbare Krankheiten

Freizeitgestaltung:

  • Freizeit - Was tun? (für weibliche Arrestanten)
  • Leselust wecken (Verein Leselust in Baden) Lesung aus Jugendbüchern
  • Zwei Sportangebote in Kooperation mit dem RTV Rastatt am Wochenende
  • Kunsterziehung - Projekttag Kunst und Gestalten

 
Des Weiteren stehen Bücher, Spiele, gemeinschaftlicher Fernseher, Tischtennisplatten, Tischfußball, Kraftraum und ein Sportplatz zur Verfügung

Arrestanten, die wegen Nichterfüllung ihrer Arbeitsstunden in den Arrestvollzug gelangen, können ihre Arbeitsstunden innerhalb der Anstalt in der Küche, als Hausreiniger oder auf sonstige Weise erledigen. Es besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, besonders geeigneten Arrestanten das Ableisten gemeinnütziger Arbeitsstunden bei einem externen Träger zu ermöglichen. 

Schülern und Auszubildenden wird – jedoch nur, soweit dies aufgrund der räumlichen Begebenheiten überhaupt möglich ist – der Schulbesuch oder die Fortführung ihrer Ausbildung während des Arrestes ermöglicht.



C. Unterbringung

Die Jugendarrestanstalt Rastatt liegt inmitten der Stadt Rastatt, an der Kreuzung der Ottersdorfer Straße mit dem Leopoldring, etwa fünf Gehminuten von der Fußgängerzone entfernt.
Es handelt sich dabei, auch wenn man dies dem Gebäude nicht mehr ansieht, um das alte großherzogliche Militärgefängnis aus dem 19. Jahrhundert, das später allerdings aufgestockt wurde.
Seine heutige Form bekam das Gebäude im Zuge eines Umbaus von 1962 bis 1967 unter der Regie der Rastatter Architektin Ursula von Lilienfeld, seine auffallende rote Farbe anlässlich einer Renovierung 2005. Bei dieser Renovierung wurde noch einmal kurz das alte Backsteingemäuer sichtbar, verschwand dann aber wieder unter der neuen Fassade.

Im Zuge der Umstrukturierung des baden-württembergischen Vollzugs wurde beschlossen, das Gebäude zur zentralen Jugendarrestanstalt für Baden zu machen. Dies geschah im Oktober 2010 unter der Führung des Richters am Amtsgericht Stephan Höll, der als Vollzugsleiter die Geschicke der Anstalt bis ins Jahr 2023 hinein lenkte, und den Arrestvollzug in der Jugendarrestanstalt Rastatt mit seiner großen Erfahrung im Bereich des Justizvollzugs maßgeblich prägte und beeinflusste. Die vorher bestehenden kleinen Anstalten in Wiesloch und Müllheim wurden dafür geschlossen.
Als Jugendarrestanstalt ist Rastatt damit für den gesamten badischen Landesteil von der Tauber bis zum Bodensee und darüber hinaus für die Landgerichtsbezirke Heilbronn und Rottweil zuständig.
Die Anstalt verfügt über 51 Arrestplätze, 38 für männliche Arrestanten, 13 für weibliche Arrestantinnen und ist damit eine der drei größten in Deutschland. Die Arrestanten sind auf drei separaten Stockwerken untergebracht. Die Arrestanstalt selbst verfügt unter anderem über ein eigenes Klassenzimmer, Räumlichkeiten zur Durchführung der Arbeitstherapie, mehrere Gemeinschaftsräume, ein Kleinspielfeld sowie einen Kraftraum. 

 

Fußleiste